Wir sind die Neuen

Komödie in der Bühnenfassung von Jürgen Popig nach dem gleichnamigen Film von Ralf Westhoff.

(2022)


Bericht der RNZ von der Premiere, in der Ausgabe von Sa, 26.11.2022:

Alt gegen Jung“ mal anders

Kleine Bühne zeigt Kömödie „Wir sind die Neuen“ - Umgekehrte Klischees und Gesellschaftskritik (Anna Haasemann-Dunka)

Neckargemünd. Es klopft an der Tür. Ein freudig übermütiger Ton schlägt den drei jungen Bewohnern einer Studenten-WG bei der Türöffnung entgegen: „Wir sind die Neuen!“ Und vor ihnen stehen drei aufdringliche Alt-68er in der Erwartung, gleich eintreten zu dürfen. Wen würde das nicht überfordern? Die Kleine Bühne Neckargemünd spielt an diesem Wochenende, 26. November ab 20 Uhr und 27. November ab 18 Uhr, im Alten E-Werk die Bühnenfassung des Films von Ralf Westhoff. Diese trägt das eingangs genannte Zitat als Titel – eine Komödie, die in der Regie von Ronja Niedermayer eineinhalb Stunden lang unterhaltsames Theatervergnügen garantiert. Die RNZ war bei der Premiere am Donnerstag dabei.

Die sechs Darsteller laufen zur Höchstform auf und geben ihren jeweiligen Rollen genau den für die Komödie benötigten feinen Schliff.

Die Leistung ist durchweg homogen und jeder Bühnenakteur setzt dabei ganz besondere Glanzlichter. Der stoffelige und spröde Eddi, vom Leben ordentlich gebeutelt und gespielt von Dieter Niedermayer, entpuppt sich als heimlicher Frauenversteher, der die aus Liebe enttäuschte junge Barbara (Ronja Niedermayer) wieder aufbaut. Johannes (Andreas Wirtherle), Rechtsanwalt mit dem Hang zur Verteidigung mittelloser Klienten und deshalb auch auf einen Platz in der einer Wohngemeinschaft (WG) angewiesen, erweist sich als strukturierter Lehrer für Jura-Studentin Katharina (Anne Peters), die an der Fülle des Lernstoffs schlichtweg verzweifelt. Als echter Wirbelwind agiert Anne (Martina Drefs) aus der Alters-WG. Sie erlebt mit Eddi einen dritten Frühling und bringt mit ihren Yoga- und Rückenübungen den schwer angeschlagenen, von einem Hexenschuss geplagten Studenten Thorsten (Felix Bidmon) wieder auf die Beine.

Jung gegen Alt, so wie es sich zu Beginn des Stücks entwickelt, zeigt sich als dankbares Feld, um all die Generationen-Klischees zu bedienen – nur eben umgekehrt. Die Jungen sind hierbei die wahren Alten und die Alten nehmen feiernd und die Sperrstunde bis zum Ende auskostend den eigentlich erwarteten Part der Jungen ein. Aber die Komödie hat auch mehr zu bieten. Zumindest klingen die gesellschaftskritischen Untertöne in den Dialogen an. Und die reichen von der Schwierigkeit, bezahlbaren Wohnraum zu finden, über die oft finanziell karge Studentenzeit bis hin zur miesen Altersversorgung.

Auf der einen Seite also übermütige Lebenslust - „Die sollen gleich merken, dass wir keine langweiligen Rentner sind“ -, die zu „Born to be alive“ mit entsprechender Lautstärke abtanzt. Auf der anderen Seite die gestresst verkrampfte Lebensweise der Studenten, die vor allem mit fokussiertem Lerneifer und Ordentlichkeit die Grundlagen für eine erfolgreiche Existenz legen wollen.

Ihren Vorwurf an die 68er-Generation benennt Thorsten: „Wenn ihr damals ein bisschen flotter gewesen wärt, dann müssten wir heute nicht über Regelstudienzeiten und Studiengebühren diskutieren.“ Ronja Niedermayer, die zum ersten Mal Regie bei der Kleinen Bühne führt, ist der Theatergruppe von Kindesbeinen an verbunden und bespielte seither die Bühne. Sie bezog geschickt das Innere des Alten E-Werks in das Spiel ein. Die Bar-Theke wird zur Kulisse des Auswärts-Feierns der Alters-WG – und sie dient auch als Schauplatz für die Flaschenentsorgung am Container.

Die bestens synchronisierte Technik und das sparsame Bühnenbild (Dieter Kienzler, Albrecht Ritzi, Andreas Wirtherle) mit der Tür zwischen den beiden Wohnparteien, die beim Theaterspiel ganz schön malträtiert wird, erfüllen genau ihren Zweck. Für die Maske zeichnet Nicole Niedermayer verantwortlich und Plakat wie Flyer steuerte Laura Feldt bei – ergo großes Lob für die Ensemble-Leistung, und es greift die Erkenntnis Raum. In der Corona-Zwangspause wurde das Spiel der Kleinen Bühne schmerzlich vermisst.



Mitwirkende: Dieter Niedermayer, Andreas Wirtherle, Martina Drefs, Anne Peters, Felix Bidmon, Ronja Niedermayer

Technik/Ton/Plakat: Dieter Kienzler

Plakat/Flyer: Laura Feldt
Bühnenbau: Albrecht Ritzi, Andreas Wirtherle
Maske: Nicole Niedermayer, Martina Drefs,

Regie: Ronja Niedermayer
Regieassistenz: Nicole Niedermayer

 

Aufführungen:

Do-So, 24.-27.11.2022
(
Do-Sa jeweils um 20:00 Uhr, So um 18:00)